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Ace of Base - die neuen ABBA

Wenn man von Ace of Base spricht, muss man unweigerlich an die Popgruppe ABBA denken. Hier teilen die vier erfolgreichen Schweden das Los mit fast jeder bekannten Band aus ihrer Heimat - man wird zuerst einmal mit ABBA verglichen. Und bei Ace of Base bietet es sich tatsächlich an. Die Strukturen sind ähnlich: vier Mitglieder, wovon die beiden Frauen für den  Gesang und die beiden Männer für die Kompositionen verantwortlich sind. Mehr noch: Jonas und Ulf haben dasselbe untrügliche Gefühl für eingängige Melodien wie Björn und Benny von ABBA. Jenny versucht auch gar nicht, solche Ähnlichkeiten abzustreiten. Für sie ist es keine Schande, mit den Fab Four aus ihrer Heimat verglichen zu werden. Lediglich die Häufigkeit der Vergleiche nervt sie: "Ich wünschte, ich hätte für jedes Mal, wenn ich diesen Vergleich kommentieren musste, einen Dollar bekommen." Doch sie bestätigt: "Ja, wir sind grundsätzlich schon mit ABBA zu vergleichen." Dass sie die großen Vorbilder jedoch kopieren würden, weist Jenny, und das zurecht, weit von sich: "Wir haben nicht diesen äußerst harmonischen Sound, und sehr viele Songs von uns besitzen einen Reggae-Beat. Das ist nun überhaupt nicht wie ABBA. Außerdem wage ich zu behaupten, dass unsere Lieder einfach mehr Substanz haben, ohne ABBA jetzt niedermachen zu wollen. Als Kind bin ich natürlich mit der Musik von ABBA aufgewachsen, und ich habe davon geträumt, einmal so zu werden wie sie. Denn einem kleinen Mädchen kamen die Sängerinnen Agnetha und Annafrid wie Prinzessinnen vor. Als ich dann älter geworden bin, habe ich eher etwas fetzigere Musik gehört." Schwester Malin lehnt dagegen einen Vergleich mit den Musikriesen der 70er Jahre konsequent ab: "Es gibt einige schnelle, tanzbare Songs auf unserem Album und einige Reggae-Stücke. Wenn man sich diese Platte anhört, dann wird man mit Sicherheit nichts hören, was nach ABBA klingt."

Ohnehin ist Schweden ein gutes Pflaster für internationale Musik-Karrieren. Das Land hat außer ABBA noch andere Popstars hervorgebracht, die in der ganzen Welt Erfolge feierten: Roxette oder Europe sind die wohl bekanntesten und populärsten Vertreter. Diese Bands haben den Boden für Formationen wie Ace of Base bereitet. Die Fachleute im Musik-Business rümpfen bei schwedischen Acts jetzt nicht mehr die Nase. Jonas: "Jemand in einem Magazin hat sich einmal gefragt, warum die Schweden so erfolgreich sind. Ich habe dafür 3 Erklärungen gefunden. Erstens: Wir haben Idole, große Vorbilder wie ABBA, Europe oder Roxette. Die Leute wissen gleich Bescheid, wenn man sagt: "Wir kommen aus Schweden" - dann fallen ihnen diese Bands ein. Da steht was dahinter." Sehr zum Leidwesen von Musikern aus anderen skandinavischen Ländern. Und Jenny führt aus: "Wenn man zum Beispiel aus Finnland kommt und mit einem Song nach Zürich geht, dann interessiert das niemanden, weil einfach keiner je von finnischer Musik gehört hat."

Jonas pflichtet ihr bei: "Wenn etwas Neues aus Schweden kommt, will jeder wissen, wie gut es ist. So werden die Chancen größer, daß die Plattenfirmen, die ja täglich mindestens 50 Bänder auf den Tisch bekommen, sich das Tape einer schwedischen Band anhören. Der zweite Grund ist der, dass die Plattenfirmen in Schweden noch wirklich auf der Suche nach neuen, guten Bands sind. Gerade im Dance-Bereich. Die werden dann auch wirklich gepusht. Sie sagen nicht: Oh, Pop-Musik, das läuft nicht so besonders, wir wissen nicht so recht. Sie sagen auch nicht, warum singt ihr nicht in schwedisch. Das Dritte ist die Tradition. Die schwedische Sprache ist sehr melodiös. Dänisch oder Deutsch sind sehr viel härtere Sprachen. Schwedisch klingt so musikalisch. Das hat dazu geführt, daß man in Schweden einfach mehr singt. Schon zu Hause. Wir haben da eine lange Tradition und sind einfach musikalische Leute. Die meisten singen jedoch in englisch, weil es internationaler ist."

Der pure Zufall allerdings ist es nicht, dass Pop aus Sverige mittlerweile ein Qualitätsbegriff geworden ist. Nach Jennys Meinung wird in Schweden dafür schon in der Schule der Grundstein gelegt:" Vielleicht ist auch ein Grund dafür, dass die Schweden so erfolgreich sind und dass wir so viele Musiker haben, die Tatsache, dass bei uns jeder schon in der Schule ein Instrument lernen kann. Auf diese Weise investiert schon der Staat in die Entwicklung der Musik-Szene." Jonas ergänzt: "Es gibt viele lokale Acts, von denen man außerhalb Skandinaviens nie etwas gehört hat, die aber eine lebendige Szene ausmachen."

Und das ist das Verrückte am Musikgeschäft, denn noch Anfang der 90er Jahre zählten Ace of Base noch zu dieser blühenden Musikszene, die zwar gut aber unbekannt ist. Jetzt sind sie Superstars auf dem ganzen Globus und mittlerweile das Aushängeschild der schwedischen Musik-Szene. Damit umzugehen ist für die vier jungen Menschen, allesamt um die 20, nicht gerade einfach. Doch die Natürlichkeit und der gesunde Menschenverstand von Malin, Jenny, Jonas und Ulf sorgen dafür, dass sie auch mit dieser Belastung fertig werden. Jenny hat da ein simples Rezept: "Wenn man einfach ganz normal bleibt und nicht versucht möglichst trendy und verrückt zu dein, dann geht das schon. Man sollte sich nach wie vor darauf konzentrieren, was das Wesentliche ist, nämlich das Singen. Schließlich war es das Singen, mit meine Schwester und ich vor sieben Jahren in Holland im studio angefangen haben und nicht das Auftreten und das Tanzen. Auch wie man sicha als Popstar in der Öffentlichkeit darstellt, mussten wir erst lernen. Ich bin ja kein Model. Aber heute gehört es wie so vieles andere dazu, um populär zu sein, was einfach nicht naturgegeben ist. Man muss so viele Dinge lernen. Da ist es ganz wichtig, trotzdem so zu bleiben, wie man ist. Es kann ja auch jederzeit vorbei sein mit diesem Leben, und dann stehen wir wieder am Anfang."
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